Der chinesische Objektivhersteller TTartisan (nicht zu verwechseln mit den ähnlich lautenden 7Artisans) fällt seit geraumer Zeit durch handwerklich gut gemachte und wertige Gläser mit manuellem Fokus auf. Trotz teilweise erstaunlich niedriger Preise merkt man den Linsen an Material und Haptik an, dass TTartisan sich als Dritthersteller im hochwertigen Leica-Ökosystem etablieren will und das wohl auch gut schafft.
In meiner Objektivschublade befindet sich schon länger das erste Fisheye, das TTartisan produziert hat. Es ist das TTartisan 11mm ƒ/2.8, das ursprünglich als erstes Fisheye für das Leica-M-System herauskam (Mehr zu diesem Objektiv zu einem späteren Zeitpunkt...). Mein Exemplar ist noch aus dieser ersten Phase und ich verwende das mit einem Adapter von Leica-M auf Sony-E. Inzwischen gibt es die meisten Linsen von TTartisans nativ für fast alle spiegellosen Bajonette wie Nikon Z, Canon R, Fuji, Sony E etc.
Sofort nach Markteinführung im Juli 2021 hab ich mir dann nach dem 11er das kleine und sehr kompakte TTartisan 7,5mm ƒ/2 Fisheye besorgt. Dies war von Anfang an mit einem Sony-E-Anschluss verfügbar. Während das 11mm ein Diagonal-Fisheye für das Vollformat ist (mit real 13,45mm Brennweite), ist das 7,5mm als Diagonal-Fisheye für APS-C-formatige Sensoren gedacht.
In dieser Hinsicht ist es ähnlich am Markt positioniert wie das Samyang 8mm ƒ/2,8 v2 oder das 7Artisans 7,5mm ƒ/2,8. Diese beiden verwende ich auch am Vollformat, wobei das Samyang dafür "rasiert" werden muss (Entfernung der Sonnenblende, um den kompletten Bildkreis verfügbar zu machen). Meine frühes Exemplar der Version 1 des 7Artisans hatte noch eine abschraubbare Sonnenblende. Alle neueren Versionen sind hier ebenfalls "rasurpflichtig".
Siehe hierzu übrigens auch einen interessanten Blogbeitrag bei PT4Pano, der diese drei Fisheyes vergleicht.
Das Besondere am 7,5mm TTartisan ist die sehr flache/kurze Sonnenblende auf der kurzen Seite des Bildformats (Abbildung links). Zusätzlich mit einem Bildkreisdurchmesser von etwa 190° ergibt das eine Verwendbarkeit am Vollformat ohne Rasur! Macht man eine Aufnahme exakt bei 0° Neigung entsteht im Zenit und beim Nadir ein sehr kleines quadratisches Loch, das natürlich leicht zu retuschieren ist. Hier eine erste, unretuschierte Version des unten näher beschriebenen Panoramas mit vier Bildern alle 90° und mit 0° Neigung.
Neigt man die Kamera leicht nach oben (+7,5°, siehe Abbildung Mitte), schließt sich das Loch im Zenit.
Auch der bläuliche Saum am Bildkreisrand ist dann aus dem Spiel. Er sollte zusätzlich in PTGui ausmaskiert werden, damit er beim Überblenden der Bilder nicht in Nachbarbilder einstreut (Abbildung rechts).
Das hier gezeigte Panorama besteht aus 4 Bildern mit je 5 Belichtungen bei je 2 Blenden Abstand (5 x 2EV). Dazu kommt ein Bodenbild, um den Stativstandplatz zu entfernen. Den 60-Megapixel-Sensor der Sony a7R Mark IV kann das Objektiv noch sehr ordentlich bedienen. Das Ergebnis ist ein equirektangulares Panorambild von ganz knapp 17.000 x 8.500 Pixel!
Diese relativ hohe Auflösung ist auch der Realbrennweite geschuldet, die (wie auch schon beim 11mm) höher ist als angegeben: Statt 7,5mm sind es 10,25mm!
Es ist mit dieser Brennweite auch eine gute Alternative für diejenigen Nikon-Fotografen, die bis jetzt ein rasiertes Nikkor 10,5mm ƒ/2,8 verwendet haben, das meiner Meinung nach dem 7,5mm TTartisan qualitativ unterlegen ist.
Die Ausarbeitung basiert auf Lightroom Classic 11.1 (via HDR-DNG mit Export als 16-Bit-TIFF) und PTGui 12.9.
Fazit: Durch die reale Brennweite von 10,25mm ist das TTartisan 7,5mm ƒ/2 nahe dran an einem Porträt-Fisheye (180° Bildwinkel entlang der langen Bildseite) und kann deshalb im Hochformat betrieben werden, das einfache einachsige Panoramaköpfe wie z.B. den PT4Pano KISS erlaubt.
Beim aktuellen Preis (175 € bei amazon.de im Januar 2022) braucht man für ein Objektiv dieser Qualität auch nicht lange nachdenken.
Gerade für die "neueren" spiegellosen Bajonette wie Nikon Z und Canon R tut sich hier für Panoramafotografen, die von den beiden "großen" DSLR-Systemfamilien auf deren spiegellose Gehäuse umsteigen, die Möglichkeit auf, ein gutes und günstiges Fisheye nativ für ihr System zu bekommen und darauf verzichten zu können, die bisherigen DSLR-Fisheyes adaptieren zu müssen, die zudem erheblich größer und schwerer sind.
Man kann hier mit 4 Aufnahmen (je nach Sensorauflösung) in Bereiche kommen, in denen man sonst mit einem diagonalen Fisheye und mit 6 bis 8 Aufnahmen arbeiten muss und mit einem aufwändigeren Panoramakopf (entweder Slant oder mehrachsig).
There are 6 Comments
APS-C an Vollfornat?
Das Artisan 7,5 mm gibt es auch mit L Mount, hier meine Frage, ist es besser das 11 mm Vollformat zu nehmen? Oder verliere ich zuviel Qualität etc., wenn ich das 7,5 mm für APS-C für meine Lumix S5 nehme?
Ansonsten sehr schöner Bericht.
Viele Grüße Andreas
An der vollformatigen Lumix
Hallo Andreas,
an der vollformatigen Lumix bekommt man geometrisch genau die gleichen Ergebnisse wie in meinem Beispiel, nur etwas kleiner, weil die Lumix "nur" 24MP hat. Natürlich "verschenkt" man durch die schwarzen Sensorbereiche etwas Auflösung. Mit dem TTartisan 11mm, das mit einer realen Brennweite von 15mm ein Fullframe-Fisheye ist, wird dagegen der Sensor komplett genutzt (180° von Ecke zu Ecke, also "Full Frame", hier nicht zu verwechseln mit dem Vollformat der Kamera!)). Das bedingt natürlich auch mehr Aufnahmen, die für eine 360°x180°-Kugel nötig sind. Mit dem 7,5mm wie im meinem Beispiel reichen 4 Aufnahmen, das 11mm braucht in einem qualitativ guten Aufnahme-Layout 8-9 Bilder. Hier ein Beispiel mit dem 11mm TTartisan und der Sony a7R mk1 (36MP).
APS-C an Vollfornat?
Vielen Dank für die schnelle Antwort, werde wohl dann das 7,5 mm nehmen, bei 169 Euro kann ich nicht viel falsch machen,
Viele Grüße Andreas
AW: APS-C an Vollformat?
Bitte gerne.
Bei den Preisen, die die für diese Qualität aufrufen, braucht man in der Tat nicht lange zu überlegen.
Ich hab die Linse letztens an der a7R mk4 das erste mal kommerziell für einen Kunden eingesetzt, der gemeinsam mit mir mit der Bildqualität vollauf zufrieden war. Bei den 24MP der Lumix wird die Bildschärfe bezogen auf die Auflösung noch besser sein.
Grössere Zenit / Nadir löcher
Vielen Dank für den Interessanten Artikel. Ich habe mir das Objektiv in der 7.5mm Version auch gekauft und verwende es an einer Sony A7 II. Ich erhalte im Nadir und Zenit, wenn ich alle 90 Grad eine Aufnahme (also insgesammt 4 Aufnahmen) mache und mit PTGui Zusammenfüge, viel, viel grössere Löcher. Können Sie mir einen Tipp geben was ich falsch mache? Ist es eine Einstellung um PTGui? Ich verwende noch einen "normalen" Nodalpunktadapter wo man alles selber Justieren muss (warte noch auf meinen KISS). Kann es sein das ich dort noch Fehler mache?
Besten Dank
Bildkreis-Beschnitt oder falscher Objektivtyp
Der einzige Fehler, der mir jetzt einfällt, ohne dass ich das Projekt gesehen habe, wäre der Beschnitt des Bildkreises in PTGui. Es kann sein, dass der nicht passt oder man als Objektivtyp nicht »kreisförmiges Fisheye«, sondern »vollformatiges Fisheye« angibt.