Samyang 12mm f/2.8 Fisheye

Randscharf und ideale Geometrie für das Vollformat

Auf der Photokina 2014 konnte man dieses Objektiv zum ersten Mal sehen, unter einem Glassturz, also »nur schauen, nicht anfassen«. Dann hat es länger gedauert, bis diese Linse endlich auf dem Markt war.

Samyang 12mm f/2.8 Fullframe FisheyeSamyang 12mm f/2.8 Fullframe Fisheye

 

Die Auswahl an Fullframe-Fisheyes, also Fischaugen-Objektiven, deren Bildwinkel in der Bilddiagonalen exakt 180° beträgt und die für das Vollformat konstruiert sind, ist relativ überschaubar: Das Canon EF 8-15mm Zoom deckt am Ende seines Zoombereichs bei 15mm dieses Format ebenso ab wie das 10-17mm Tokina, das noch etwas darüber hinaus in Richtung Weitwinkel geht. An Festbrennweiten ist hauptsächlich das 16mm Nikkor zu nennen und das 15mm Sigma sowie das billige russische 16mm Zenitar.

An Systemkameras kann man mit Hilfe von Adaptern etwas zurückgehen in die Fototechnik-Geschichte und alte Linsen in Betracht ziehen wie das 16mm Minolta MD Rokkor oder das praktisch baugleiche 16mm Leica Elmarit-R. Das sehr gute Canon EF 15mm Fischauge, das vor einiger Zeit zugunsten des 8-15mm-Objektivs eingestellt wurde, ist auf dem Gebrauchtmarkt gelegentlich bereits über dem Neupreis zu haben. Hier und da findet man auch den Vorgänger aus der »analogen« Canon FD-Serie. Wer richtig Geld ausgeben möchte, forscht nach dem seltenen 16mm Carl Zeiss F-Distagon.

Im Großen und Ganzen also eine eher begrenzte Auswahl. Als qualitativer Spitzenreiter unter den aktuell produzierten Linsen gilt allgemein das teure Canon EF 8-15mm.

In diesen Marktbereich herein kommt nun ein qualitativ hervorragendes Fischauge, das sich durch einen sehr moderaten Preis und eine universelle Einsatzbarkeit auszeichnet, denn das Samyang 12 mm f/2.8 ED AS NCS Fisheye ist für Canon, Nikon und alle gängigen Systemkameras zu haben. Es wird in Deutschland unter dem Markennamen »Walimex Pro« geführt, in den USA unter »Rokinon« (ansonsten noch unter »Vivitar«, »Opteka« oder »Bower«).

Größe - Haptik - Handling

Das 12mm Samyang ist in erster Linie für DSLRs ausgelegt und kann deshalb an einer Systemkamera nicht mit der Kompaktheit von eigens dafür entiwckelten Objektiven aufwarten. Die Systemkamera-Versionen des 12mm-Fischauges sind daher optisch baugleich mit den DSLR-Varianten, werden aber mit einem nach hinten hin verlängerten Tubus geliefert. Wer (wie ich mit Canon und Sony), mehrere Systeme nutzt, ist also gut beraten, eine DSLR-Version zu kaufen und einen Adapter zu verwenden. Da das Objektiv rein mechanisch funktioniert, reichen auch entsprechende Adapter. Einen mechanisch-elektronischen Adapter wie diejenigen von Metabones kann man nutzen, muss es aber nicht.

Die (rein manuelle) Einstellung geht über einen sehr feinfühligen Fokusring, dessen Skala relativ weit gespreizt ist und bei dem man gerade den Bereich zwischen einem halben Meter und unendlich, der für die korrekte Einstellung auf Hyperfokaldistanzen wichtig ist, sehr einfach und gut ablesbar justieren kann. Das geht hier wesentlich besser als beim Canon EF 8-15mm mit seinem äußerst knappen und leider fummeligen Einstellweg.

Trotz der Abmessungen ist das Objektiv relativ leicht. Samyang verwendet zwar Kunststoffteile, die aber den hochwertigen Eindruck nicht beeinträchtigen. An kleineren Systemkameras, wie z.B. an meiner A7R, steht das Objektiv aufgrund seiner großen Frontlinse (es ist ja ein ƒ/2.8-Glas!) nach unten über den den Kameraboden hinaus vor. Hier muss ggf. entsprechend für Abstand gesorgt werden, wenn man z.B. durchgehende Nodalschienen verwendet.

Bildqualität

Selbst bei Offenblende ist die Bildschärfe bereits beeindruckend. Blendet man auf die üblichen ƒ/8 ab, um eine möglichst große Schärfentiefe zu erreichen, ist das 12mm Samyang knackscharf bis in die äußersten Ecken. Ich habe noch keine A/B-Vergleiche gemacht, aber das Objektiv ist hier wahrscheinlich wenigstens ebenbürtig mit dem Canon EF 8-15mm.

Die chromatische Aberration ist moderat, ebenfalls auf dem Niveau des Canon-Fisheye-Zooms und weit besser als z.B. beim Tokina 10-17mm. Sie ist mit einem Mausklick in Lightroom sauber zu eliminieren. Die axiale chromatische Aberration (»Purple Fringe«) ist ebenfalls moderat und auf dem Niveau des Canon-Fischauges und auch hier weit besser als beim Tokina 10-17mm. Sie ist ebenfalls sehr gut in Lightroom zu beseitigen.

Pano Palmenhaus

Hier gibt es die interaktive Ansicht dieses Panoramas

Die Vergütung (»NCS«, »Nano Coating System«), die Samyang bei den neueren Linsen einsetzt, sorgt für sehr wenig Linsenreflexe. Im Beispielpanorama habe ich diese absichtlich nicht ausmaskiert und die Verstärkung durch die HDR-Bearbeitung stehen lassen, um Größe und Lage zu verdeutlichen. Sie sind also in diesem Bild stark übertrieben.

Lens Flares

Im Wesentlichen gibt es ein kleines, etwas kräftigeres violettes Siebeneck und weiter entfernt ein sehr blasses in der gleichen Farbe und gelegentlich einen kleinen regenbogenfarbenen Reflex.

Lens FlaresSelten, wenn eine scharfe, sehr helle Lichtquelle ganz knapp in der Nähe einer Bildecke liegt, gibt es einen größeren, orangen Reflex nahe der gegenüberliegenden Ecke. Dieser Bereich fällt aber bei Panoramen stets dorthin, wo er bereits vom Anschlussbild komplett überblendet wird. Ohne das zwingende Einmaskieren, das ich hier angewendet habe, wäre dieser unsichtbar im Endergebnis. Bei allen Panorama-Setups mit 6 oder 8 Shots für eine Runde liegen die Linsenreflexe so, dass man sie problemlos mit den Nachbarbildern ausmaskieren kann.

Lens FlaresPunktförmige Lichtquellen erzeugen bei größeren Blenden einen ausgeprägten 14-zackigen Stern, den ich persönlich für den schönsten halte von allen Fischaugen, die ich kenne.

VignettierungDie Vignettierung ist die schwächste von allen meinen Fischaugen. Die Kurve verläuft bedeutend flacher als bei den Kollegen von Canon, Sigma und Tokina.

Was die Bildqualität angeht, kann man das Samyang ohne weiteres als Spitzenlinse bezeichnen, die hohen professionellen Ansprüchen genügt.

Geometrie / Projektion

Hier ist ein weiteres Highlight dieses Objektivs versteckt. Während die Mehrzahl der Fischaugenobjektive die sogenannte »flächentreue« Projektion verwendet, die für den typischen Look mit zum Rand hin massiv gestauchten Formen sorgt, hat das Samyang eine andere, »flachere« und um einiges weniger randverzerrende Projektion, die - technisch gesprochen - zwischen der »stereoskopischen« und der «winkeltreuen« Projektion liegt (Hier gibt es übrigens einen sehr profunden Artikel für technisch Interessierte dazu). - Was bedeuten nun diese Fachausdrücke praktisch für die Arbeit mit Panoramen?

Zum einen wandert der No-Parallax-Point sehr viel weniger winkelabhängig als bei anderen Fischaugen. Das führt zu einem deutlich besseren Verhalten beim Stitching in Bereichen weit über und unter dem Horizont. Beim 12mm Samyang ist das sogar bis hinunter zum Nadir perfekt! Hier sticht es alle mir bekannten Fischaugen aus, die alle bei guter Stitching-Genauigkeit in Horizontnähe zu den Polen hin mit der Montagequalität abfallen, darunter auch das Canon EF 8-15mm. Das spart mitunter eine Menge Nachbearbeitung, weil man beim Boden nur das Stativ und ggf. dessen Schatten ausretuschieren muss (falls man kein separates freihändiges Bodenbild macht) und sich nicht mehr um Kantensprünge in Fliesen und dergleichen kümmern muss. Diese Perfektion beim Stitching ist beeindruckend.

Zum anderen hat die etwas «flachere« Projektion aber auch noch einen weiteren Vorteil: Die Stauchung der Bildinhalte zum Rand hin geht bei Fischaugenbildern immer mit einem Auflösungsverlust einher (Pixel pro Maßeinheit in der Natur). Wenn Programme wie PTGui die Maximalgröße berechnen, die eine Panorama-Aufnahme hergibt, ist die Randauflösung entscheidend, weil ja kein Pixel vergrößert werden soll/darf. Hier bringt das Samyang 12mm im Randbereich mehr Auflösung ins Endergebnis ein als andere Fischaugen. Das Beispielpanorama (aufgenommen mit der Sony A7R) hat z.B. 16.600 x 8.300 Pixel, was ein Spitzenwert für ein einreihiges, sphärisches Panorama ist.

Panorama Setups für dieses Objektiv

Slant SetupFür das Beispielpanorama habe ich einreihig gearbeitet und das Objektiv in die Diagonale gekippt (»Slanted Mode«). Nimmt man hier 8 Aufnahmen, so bleibt im Zenit und Nadir beim Samyang 12mm nur ein sehr kleiner Stern als Lücke stehen, den ich hier zur Anschauung im Panorama nicht retuschiert habe. Ich habe die Canon-EF-Version des Objektivs verwendet und den Novoflex NEX-EOS-Adapter. Mit dem ASTAT-NEX-Stativring (ebenfalls von Novoflex und passend zu den diversen Sony-E-Mount-Adaptern) und einer improvisierten Nodalschiene (Sunwayfoto und eine No-Name-Klemme) habe ich ein relativ stabiles und kompaktes Setup für diesen Zweck zusammengestellt.

Nadir-SternZenit-SternDa die Stativschelle starr ist und die Neigung der optischen Achse 0° beträgt, sind die beiden sternförmigen Lücken an den Polen gleich groß. Würde man die Achse etwa 3-5° nach oben neigen, könnte man das Loch im Zenit bequem schließen. Der Stern Richtung Boden ist bei 0° so klein, dass er noch innerhalb der Panoramaplatte (!) Platz findet. Hier ist also noch reichlich Luft!

Weitere Möglichkeiten eines Setups für dieses Objektiv benötigen einen 2-achsigen Panoramakopf. Hierbei kann man die für Fullframe-Fisheyes übliche Konfiguration wählen mit einer 6er-Reihe bei 0° Neigung und zwei Shots zu den Polen (+/- 90°) oder eine sogenannte »Pitch Change«-Runde fotografieren: 6 Bilder rundherum, wobei jede gerade Bildnummer mit +30° Neigung aufgenommen wird und jede ungerade mit -30°. Dieses Verfahren ist eine sinngemäße Abwandlung des bei 4 Bildern »Tennisball« genannten Aufnahmemusters. Es erspart bei gleicher Ergebnisbildgröße zwei Bilder pro Panorama (eben nur 6 statt 8).

Fazit

Das Samyang 12mm ƒ/2.8 hat das Potenzial, bei den Fullframe Fisheyes für das Vollformat die »amtliche« Linse zu werden. Die Kombination aus einer exzellenten Bildqualität, einem perfekten Stitchingverhalten und der Vielzahl an kompatiblen Kamerasystemen zusammen mit einem sehr vernünftigen Preis ist im Moment absolut konkurrenzlos.

Bezug

Das Objektiv ist im deutschsprachigen Raum unter dem Markennamen »Walimex Pro« am einfachsten bei Amazon zu haben. Der Preis dort beträgt knapp über 500,-- Euro (der aktuell günstigste, sonst von ca. 510,-- bis 560,-- Euro, Stand Ende April 2015). Gewicht etwa ab 500gr. (abhängig vom Bajonett).

There are 6 Comments

Sehr gut gemachtes Review. Habe gleich 2 technische Fragen für mich beantworten können die nun zur Kaufentscheidung für das Objektiv führen. Danke an den Autor für seine professionelle Arbeit:)

Hallo,

vielen Dank für den gut geschriebenen und informativen Erfahrungsbericht! Einges davon klingt ähnlich wie meine Erfahrungen mit dem UWW 14mm Samyang/Walimex, welches ich sowohl an der A7R als auch an der 5DMII für Panoramen verwende.

Ich wollte das 14mm ersetzen durch ein Fisheye, um evtl. statt jetzt 6-1(-30°)-1, nur einreihig 6 horizontal zu machen. Kann man das auch ohne Stanted-Mode, also indem man die 6 Bilder nicht bei 0° (also am Äquator entlang) sondern um 5°-10° nach oben geneigt aufnimmt (sodass sich das Loch im Zenith schließt)?

Welche Auflösung erreichst Du an der Canon, wenn Du damit getested hast (welches Modell wäre auch interessant)?

Über eine kurze Antwort würde ich mich sehr freuen!

Gruss,
Gerrit

beim 12er muss man weiter nach oben schwenken, wenn man im hochformat arbeitet und den zenit schliessen will. es hat 180° in der diagonale und 153° in der vertikalen. da muss man also schon ziemlich nach oben neigen, etwa 30°, um dort zuzumachen. einen shot nach unten zusätzlich braucht es also auf jeden fall. im grunde gewinnt man gegenüber dem 14er nicht allzuviel.
großer vorteil ist aber die projektion. das 14er verzerrt am rand sehr viel mehr als das 12er, das als stereographisches fisheye eine gleichmäßigere verteilung winkel zu abgebldete fläche hat als das 14er, das ja ein (wenn auch extremes) "normales" also rektilineares glas istn und zum rand hin extrem verzerrt. hier gibt es einen recht interessanten artikel, der die beiden am schluss gegenüberstellt und dir vielleicht weiterhilft: http://www.slrlounge.com/rokinon-12mm-f2-8-full-frame-fisheye-lens-revie...
hope this helps
gruss thomas

. . . danke für den - wie immer sehr kompetenten und aufschlußreichen - Bericht.

Ich denke, dass diese Marke einfach noch zu oft unterschätzt wird und gebe ihr mal eine Chance. Hab mir - trotz bisheriger Nikon-Loyaität - das Glas nun bestellt und bin sehr gespannt, wie es sich auf der D850 bewährt.

Danke für den Tipp dbzgl..

danke für die blumen :-)
da ich das 12er samy an der sony a7r benutze, sollte der unterschied zur 850er nikon nicht gravierend sein, denn die sensoren und deren anforderungen an ein glas sind in dem fall ja sehr ähnlich. gr tb

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