Die HDR-Funktion im neuen Lightroom CC 2015

Das neue Adobe Lightroom CC 2015 (a.k.a. Lightroom 6) bietet jetzt eine HDR-Funktion an, die direkt aus RAW-Dateien ein HDR-Bild zusammenzusetzen kann. Die vor dem Zusammenfügen in Lightroom gemachten Entwicklungseinstellungen gehen in diesen Prozess natürlich ein. Das sind vor allem die Entfernung der chromatischen Aberration und die Grundschärfung (mehr sollte man ja eh nicht machen).

LR CC 2015 HDR Pano

Ein erster Eindruck zeigt einen angenehmen Look, der überhaupt nicht nach den gängigen Stereotypen von HDR-Bildern aussieht. Weil hier »ganz normal« mit den Entwicklungs-Tools von Lightroom gearbeitet wird, kommt das Ergebnis am ehesten dem relativ natürlich und neutral wirkenden Look nahe, den ich an der 32-Bit-Camera-Raw-Entwicklung bisher schon sehr schätzen gelernt habe.

Detail TiefenDetail Lichter

Die beiden Detailausschnitte oberhalb zeigen, dass die Extremstellen im Bild in den Tiefen und Lichtern sehr klar durchzeichnet und ohne Artefakte herauskommen.

Technisch handelt es sich bei der erzeugten Datei allerdings nicht um ein 32-Bit-HDR-Bild, sondern um ein neues 16-Bit-Fließkomma-RAW-Format, das von Lightroom als DNG abgespeichert wird und das natürlich entsprechend größer ist als die einzelnen RAW-Dateien.

LR CC 2015 HDR Pano

Dazu gibt es derweil allerdings noch relativ spärliche Infos. Ein Hinweis besagt jedoch, dass dieses Fließkomma-Format die Tonwert logarithmisch beschreibt, was ja an sich auch wesentlich sinnvoller ist, denn fast alle optisch-physikalischen Dinge in der Fotografie verhalten sich ja auch so. Das wäre auch ganz gut vergleichbar mit der Audio-Technik, wo es solche Fließkomma-Formate ja schon länger gibt.

Es fällt bei der Bearbeitung auf, dass die schon vorher relativ gut und ohne viel Feineinstellung funktionierende Entwicklung eines HDR-Bildes nun noch besser geht. Mein rein gefühlsmäßiger Eindruck ist, dass die Regelbereiche für Schwarz- und Weißpunkt und für die Einstellung der Tiefen und Lichter noch besser liegen im Zusammenhang mit dem gesamten Tonwertumfang eines solchen Bildes. Das spricht dafür, dass die zuvor lineare 32-Bit-Abbildung der Tonwerte jetzt offenbar wirklich anders und eben logarithmisch funktioniert. Aber - wie gesagt - ist das erstmal nur ein Eindruck ohne genaues Wissen über die »Hard Facts« dahinter.

Sehr angenehm (und auch eine Voraussetzung für den Einsatz bei Panorama-Produktionen) ist, dass die Dateien innerhalb einer Panorama-Serie belichtungsmäßig konsistent sind und keine Gewichtungsunterschiede bei den Lichtwerten haben wie z.B. bei manchen HDR-Serien-Workflows, die Photomatix benutzen.

Das HDR-Feature schließt eine Geisterbilderkennung und -korrektur ebenbso ein wie die Ausrichtung bei Aufnahmen aus freier Hand.

Leider ist die neue HDR-Funktion in Lightroom (noch) nicht massenverarbeitungstauglich, wie das die Panoramafotografen gern hätten. Man muss also jede Belichtungsreihe einzeln in den Prozess schicken und kann nicht eine ganze Panorama-Serie im Batch durchlaufen lassen.
Das Ganze geht allerdings (zumindest ohne Ausrichten und Ghost Removal) relativ schnell und kann zumindest z.T. im Hintergrund laufen, während man vorne schon ein neues Bracket aufruft. Das mag an der Unterstützung von Grafikhardware liegen, die mit dieser Version in Lightroom für Beschleunigung sorgt. Bei 4 benötigten Bildern wie in diesem Fall ist das noch okay.

Aktiviert man die Ausrichtung bei Bildern, deren Aufnahme nicht mit Hilfe eines Stativs gemacht wurde und/oder die Entfernung von Geisterbildern, bremst sich Lightroom allerdings schon ziemlich ein. An der Systemauslastung lässt sich mutmaßen, dass diese Unterfunktionen des HDR-Prozesse nicht von der Unterstützung der Grafikkarte profitieren, sondern auf der CPU laufen. Man muss aber auch zugestehen, dass das, was dabei technisch passiert, keine Kleinigkeit ist.

Ein kleiner Trick kann hier zwar keine zusätzliche Geschwindigkeit bringen, aber einen flüssigeren Workflow: Die HDR-Dialogbox merkt sich die letzten Einstellungen und man kann den Prozess auch »headless« ablaufen lassen, indem man zum Klick im Kontextmenü die Shift-Taste drückt. Dann öffnet sich der Dialog nicht, man erspart sich das Erstellen der Vorschau und der Prozess wird gleich in den Hintergrund geschickt. Währenddessen kann man weiterarbeiten, wie man das bei Lightroom gewöhnt ist. Bei großen Dateien und wenn die automatische Ausrichtung nebst Ghost Removal aktiviert ist, dauert das ganze schon ordentlich lange und man ist froh, wenn man sich derweil anderweitig beschäftigen kann.

Fazit dieses ersten Tests: Hier könnte sich ein neuer, relativ schlanker Workflow für HDR-Panoramen etablieren, denn für das oben gezeigte Beispiel-Panorama mußten nur 4 Bilder gestitcht werden und nicht 20. Zudem fällt die farbliche Nachbearbeitung des 32-Bit-Panoramas weg (und auch dessen beträchtliche Dateigröße).
Interessant wird dann noch sein, die Ausrichtung und das Ghost Removal zu testen, wobei ich davon ausgehe, dass das im wesentlichen der schon länger in Photoshop verfügbaren Engine entspricht.

PS: Adobe hat Lightroom im gleichen Zug auch eine eingebaute Panorama-Funktion spendiert, die neben den normalen entwickelten RAW-Bildern auch mit den neuen HDR-DNGs funktioniert und nun den Umweg über Photoshops Photomerge-Funktion überflüssig macht. Die muss ich erst noch testen, aber ausgehend davon, dass die Engine wohl ebenso wie beim HDR-Prozess aus Photoshop stammt, darf man wohl wieder die bekannte Kombination aus einem lausigen Stitcher mit dem weltbesten Blender erwarten ;-)
Doch dazu später mal mehr....

There are 2 Comments

Hallo Herr Bredenfeld,
stellen Sie in ACR die "HDRs" direkt passend ein (Lichter, Belichtung, Schatten etc), oder entfernen Sie nur die CAs? Wenn zweiteres, dann ist ihr Workflow sicher wie folgt, oder: CAs entfernen, HDRs mit ACR rausrechnen lassen, in PTGui als 16Bit File stichten, dieses wieder in ACR laden und die genannten Farbanpassungen durchführen, Endbild ausgeben lassen

Es ist angenehm, dass man die HDR-DNGs genauso behandeln kann, wie die Einzel-RAWs, aus denen sie zusammengesetzt sind. Es ist also egal, ob man bei den RAWs zuerst nur die CA korrigiert und eine Grundschärfung macht und alles andere später, oder ob man das erst im HDR-DNG macht. Bei diesem Beispiel - und das wäre m.M.n. auch das beste, schnellste und einfachste Verfahren mit dieser LR-Funktion - habe ich die HDR-DNGs farb- und tonwertmäßig komplett in LR fertiggemacht und dann als 16-Bit-TIFFs in PTGui gegeben. Danach war keine weitere Bearbeitung mehr nötig. Eine weitere, globale Bildbearbeitung des fertigen Panoramas ist ja immer ein relativ aufwendiger Schritt, den man so vermeiden kann.

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