Heute möchte ich ein Projekt vor den Vorhang holen, das schon etwas älter ist. 2018 sind die Aufnahmen entstanden, anfangs 2019 ist das Projekt online gegangen. Zu einem sehr ausführlichen Artikel der Wissenschaftsjournalistin Sonja Bettel im Online-Magazin »Flussreporter«, das sie mit einigen Kollegen auf der journalistischen Genossenschaftsplattform »RiffReporter« betreibt, habe ich eine multimediale 360°-Tour beigesteuert.
Thema ist der Tiroler Lech, also der österreichische Oberlauf zwischen den Grenzen von Bayern und Tirol sowie zwischen Tirol und Vorarlberg. Speziell der Teil oberhalb von Reutte war länger mit zahlreichen Schutzbauten gegen Hochwasser verbaut. In den 1980er und 1990er Jahren begannen Planungen, den Lech wieder zu renaturieren, die zahlreichen Befestigungen zurückzubauen und ihm wieder einen natürlichen Lauf zu erlauben. Inzwischen ist dieser Teil ein Natura-2000-Gebiet und ein Naturpark.
Im Frühsommer 2018 haben wir diese großartige Wildflusslandschaft durchstreift. Neben den zwölf 360°-Panoramen sind zahlreiche Detailfotografien von Geländestrukturen und z.T. seltenen Pflanzen entstanden. Dazu kamen Audio-Aufnahmen und später noch historische Bilder von den (Rück-)Baumaßnahmen am Fluss.
Nach der redaktionellen Aufbereitung wurde das Bild-, Ton- und Textmaterial in Pano2VR zu einer multimedialen 360°-Tour zusammengesetzt. Zwei der 12 Panoramen sind Überlicksaussichten vom Hochstativ aus, in 5 Meter Höhe über dem Boden. Die Field Recordings sind als Directional Audio (der Ton richtet sich nach der Blickrichtung) in die Tour integriert für ein dynamisches akustisches Erlebnis. Pano2VR wurde durch etwas externe Javascript-Programmierung erweitert, z.b. um diverse Texte als separate Dateien einzulesen, damit sie leichter redaktionell bearbeitet werden können.
Die sehr gute österreichische Luftbild-Bundeskarte, die als »Open Data« frei verfügbar ist, wurde als Custom Map Provider eingebunden, weil dieser Karten-Server im Gegensatz zu Satellitenbildern qualitativ hochwertige Bilder von Befliegungen bietet, die sehr viel mehr Landschaftsdetails zeigen.
Wir freuen uns sehr, dass der Artikel von Flussreporter auch vom bekannten Wissenschaftsportal »Spektrum der Wissenschaft« übernommen worden ist.
Alles in allem ein schönes Projekt, das zeigt, wie man 360°-Projekte auch für die Wissensvermittlung einsetzen kann.
Dieses Projekt hat im Rahmen der Reportage zum Tiroler Lech auch dazu beigetragen, dass Sonja Bettel 2020 den Anerkennungspreis zum Staatspreis für Wissenschaftsjournalismus des österreichischen Bildungsministeriums erhalten hat.
Im Herbst 2021 wurde das Projekt für den Corona-bedingt nachgeholten Österreichischen Umweltjournalismus-Preis 2019/2020 in der Kategorie »Online« nominiert.